Herzlich willkommen auf der Internetseite von

Dr. Klaus Widdra

Reitpferdeausbildung - Klassische Philologie - Didaktik der Alten Sprachen

Xenophon

In meinem Büchlein, das im Juli 2016 im evipo-Verlagerschienen ist, können Sie sich über alle wichtigen Aspekte informieren:

  • Xenophons Leben
  • Grundsätze der Ausbildung
  • Missverständnisse und Kritik
  • Griechische Reitkunst - ein Zerrbild?
  • Griechische Trensen - Folterinstrumente?
  • Beißkorb - Bankrotterklärung der Ausbildung?
  • Fremdausbildung in Remonteställen?
  • Brutalität in der Springausbildung?
  • Xenophon - von damals bis heute!

Rezensionen

FAZ Sachbuch
So macht das Fohlen unterm Reiter ein geschmeidiges Bein
Charakterbildung für Mensch und Tier: Klaus Widdra, ein gelehrter Autor mit lebenslanger Erfahrung im Sattel, stellt Xenophons Schrift über die Reitkunst vor
17. September 2007

Heute würde man ihn einen Erfolgsschriftsteller nennen: Xenophon, den griechischen Verfasser historischer und politischer Schriften, Zeitgenosse des Sokrates. Xenophon kannten die Athener, Spartaner oder Korinther als versierten Autor, er hatte eine Erziehungsschrift in Form einer Unterweisung des Perserkönigs Kyros verfasst, größten Erfolg erlangten seine Anekdoten und Geschichten über Sokrates, den er wohl kurz vor dessen Tod kennenlernte; sodann die spannende "Anabasis", in der er den Kriegszug des Satrapen Kyros von Kleinasien gegen dessen Bruder, den König Artaxerxes im Zweistromland, aus eigener Anschauung schildert; Kyros unterlag, und Xenophon führte die griechischen Söldner durch das feindliche Gebiet hinauf zum Schwarzen Meer und von dort fast bis nach Griechenland zurück.

Xenophon nahm an dem Kriegszug als begüterter Mann mit eigenen Pferden, Reitknechten und Dienern teil; dabei lernte er den Umgang der Perser mit ihren Pferden kennen und schätzen. Das Verhältnis des Persers zu seinem Pferd war noch individueller als bei den Griechen, und diese ausgeprägte Freundschaft von Mensch und Tier, die "philanthropia" des Pferdes und die genaue Kenntnis seines Körpers und der Psyche dieses Tieres stellt er in den Vordergrund in seiner Spätschrift "Peri hippikes", "Von der Reitkunst".

Diese praktische Schrift widmet sich der Bildung von Pferd und Reiter mit dem Ziel des Militärdienstes. Auf welche Qualitäten des Pferdes ist beim Kauf eines Fohlens zu achten, und auf welche körperliche und charakterliche Schulung lässt sich der gute Reiter ein? Das Fohlen muss über bestimmte äußere Merkmale verfügen, die Xenophon detailliert aufführt und funktional begründet; es wird im Alter von zwei Jahren an einen besonderen Fohlen-Ausbilder gegeben, so wie auch die reicheren griechischen Frauen ihre Kleinkinder einer Amme gaben. Wenn es mit ungefähr drei bis vier Jahren zurückkommt, beginnt das tägliche Training für Pferd und Reiter. Beide müssen lernen, sich gemeinsam in schwierigem Gelände zu bewegen, der Reiter muss die Rechte frei für den Speerwurf behalten, beide müssen einander völlig trauen können - ein Fehler kann einen von ihnen oder beide das Leben kosten.

Der griechische Reiter wird nie in einen engen Verband der Kavallerie gestellt, in dem er nicht mehr individuell entscheidet, sondern der Bewegung der Kolonne unterliegt. In den Jagd- und Militärlektionen von Pferd und Reiter lernen wir das Können für den Alltag kennen; aber dann folgt gewissermaßen als Zugabe die eigentliche Kunst der Reitkunst, wenn das Pferd "in der Höhe schwebt" und die Piaffe und die Pesade und die Courbette beherrschen lernt, die noch heute schwersten Übungen.

Projiziert auf die Gliederung des Platonischen Staats, wäre hier nach dem (von Xenophon nicht erwähnten) Arbeitspferd (Nährstand) und Militärpferd (Wehrstand) die Ideenlehre der Philosophen (Lehrstand) erreicht. "Will jemand sein Pferd einmal so reiten, dass es prächtiger wirkt und von allen Seiten stärker bewundert wird, muss man davon Abstand nehmen, das Pferd mit dem Zügel im Maul zu reißen und es mit Sporen und Gerte zu bearbeiten, wie es die große Masse in der Meinung tut, so dem Pferde ein prächtiges Aussehen zu geben. Diese Leute bewirken nämlich genau das Gegenteil von dem, was sie wollen. Durch das Spornieren und Schlagen erschrecken sie die Pferde. Wenn man aber sein Pferd lehrt, am langen Zügel zu gehen, den Hals hoch zu tragen und vom Kopf an zu wölben, so bewirkt man, dass das Pferd das tut, woran es auch selbst seine Freude hat und womit es sich brüstet. Wenn es nämlich selber bei Pferden, hauptsächlich aber bei Stuten, Figur machen will, dann erhebt es den Nacken und biegt den Kopf voll prächtiger Wildheit besonders heran, wirft die Schenkel geschmeidig in die Höhe und trägt den Schweif hoch. Wenn man nun das Pferd in die Haltung bringt, in die es sich zur Selbstdarstellung wirft, wenn es sich am meisten in seiner Schönheit zeigen will, so wird man sein Pferd als eines vorführen, das am Reiten Freude hat, prächtig und gewaltig aussieht und die Blicke auf sich zieht."

Klaus Widdra, der kenntnisreiche Übersetzer und Herausgeber der Schrift, fasst die Pferdebildung des Xenophon in einigen Maximen zusammen: "Dein Pferd sei ein zuverlässiger Freund, nicht Sklave. Widme seiner Ausbildung so viel Aufmerksamkeit, als ginge es um deinen eigenen Sohn. Achte darauf, dass Körper und Seele deines Pferdes sorgfältig geschult werden. Es soll sich durch Leistungsvermögen und Zuverlässigkeit auszeichnen. Seine charakterliche Prägung sei dir besonders wichtig. Mache dein Pferd menschenfreundlich. Sei achtsam und nimm auf seine Bedürfnisse Rücksicht. Setze alles daran, dich deinem Pferd verständlich mitzuteilen. Arbeite an deiner eigenen körperlichen und charakterlichen Schulung. Erziehe dich dazu, in jedem Falle Ruhe zu bewahren, gib Zornausbrüchen keinen Raum. Mach dir klar, dass die Lektionen der höheren Dressur keine Kunststücke sind, die du deinem Pferd mit Hilfe unnatürlicher Zwangsmittel beibringen kannst. Sie sind Formen der imponierenden Selbstdarstellung des Pferdes, die es in besonderen Erregungszuständen vor seinen Artgenossen von sich aus zeigt!" Etwas Besseres zum Thema gibt es wohl auch heute nicht, und vieles lässt sich unmittelbar auf die Ausbildung in Schule und Universität übertragen.

Prof. Dr. Reinhard Brandt
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.09.2007, Nr. 216 / Seite 37

Dr. phil. Erich Seitz:
Marburg
www.buchhandel.de

Der Wu Wei Verlag hat mit Klaus Widdras "Xenophon Reitkunst" ein ganz ungewöhnliches Buch herausgegeben, das jeden Rezensenten vor eine unlösbare Aufgabe stellt - er müßte ein zweiter Widdra sein.

Xenophon, ein begabter und vielseitiger Schriftsteller, hat vor über zweitausend Jahren neben vielem anderen auch ein Buch über die Reitkunst geschrieben ("peri hippikes"(scil. technes), das das Wissen seiner Zeit über dieses Thema und die eigene lebenslange Erfahrung im Umgang mit Pferden (als militärischer Reiterführer und begeisterter Pferdezüchter und -liebhaber) widerspiegelt.

Jeder, der heute der Überzeugung ist, dieses alte Werk eines griechischen Autors enthalte in erstaunlicher Weise so viel Richtiges und Bedenkenswertes zum Thema Ross und Reiter, dass es auch dem modernen Interessenten zugänglich gemacht werden müsste, steht vor der eigentlich unlösbaren Forderung, sowohl hochkarätiger Philologe als auch hochkarätiger Sachverständiger in allen hippologischen Fragen zu sein - die Dekodierung des griechischen Textes setzt ja, anders als z.B. bei einem platonischen Dialog, nicht nur hohe fremdsprachliche und linguistische Kompetenz in umfassender Hinsicht voraus, sondern auch die genaueste Sachkenntnis des behandelten Themas, anders ist der Text überhaupt nicht zu verstehen, erst recht nicht sachrichtig in der deutschen Sprache wiederzugeben, gar einen Kommentar zu schreiben wäre völlig absurd und unmöglich.

Um es vorweg auf eine Formel zu bringen - die Veröffentlichung dieses Buches ist ein Glücksfall, eine literarische "Sternstunde", Sternstunde als einmalige Konstellation (im eigtl. etymol. Sinn), dass hier nach über zweitausend Jahren in dem Verfasser höchste philologische Kompetenz und höchste "hippologische" Sachkenntnis zusammengefallen sind, und nur so diese Ausgabe möglich geworden ist.

"Xenophon Reitkunst" ist ein prachtvolles Buch, schon äußerlich: der ästhetisch hübsche Umschlag (vorne und hinten), der edle rote Leineneinband mit der schönen Silberschrift, die liebevolle Gestaltung der Einzelblätter (da sind begabte Designer am Werk gewesen), die von der ersten bis zur letzten Seite durchdachte Gliederung (von der ausführlichen, niveauvollen Einführung unter verschiedenen Gesichtspunkten bis zum hilfreichen Register). Was Widdra vorlegt (überraschend für diese Reihe), ist die vollständige Ausgabe eines griechischen antiken Textes von höchster wissenschaftlicher Qualität: es ist alles da, von der Überlieferungsdiskussion (auch Vorgänger und Nebenüberlieferungen sind ausführlich behandelt) bis zum Faksimilebeispiel der Handschriften, auch der textkritische Apparat fehlt nicht (wie eine wissenschaftliche Oxford- oder Teubner-Ausgabe).

Dann die glänzende Übersetzung. Verblüffend, wie dem Verfasser eine hervorragende, sehr gut lesbare, moderne Wiedergabe im Deutschen ganz nahe am Urtext gelingt, auch mit der sachgemäßen "hippologischen" Terminologie (das nehme ich an). Man könnte in jedem Satz auffallende Beispiele auf der semantischen Ebene nennen; für die gelungene Wiedergabe einer griechischen Periode ist schon der erste Satz ein sehr schönes Beispiel.

Über den Kommentar, der sicher für Fachleute der wichtigste Teil ist, kann ich nur sagen, dass ich ihn mit Bewunderung und Vergnügen gelesen und dabei viel gelernt habe. Instruktives Bildmaterial fehlt nicht, auch nicht das komplette Literaturverzeichnis (allein die Übersetzungen von 1502 bis 2002 !).

Die von Widdra einprägsam formulierten Ausbildungsgrundsätze auch als hübsches Lesezeichen sind gewissermaßen das i-Tüpfelchen. Alles in Allem- ein philologisches Meisterwerk, zu dem ich zuerst den Verfasser, aber auch den Verlag beglückwünsche.

Das Buch wird sicher in keinem Seminar der Klassischen Philologie fehlen aber sicher auch nicht in den Bibliotheken aller Personen und Einrichtungen, die mit Pferden und Reitsport zu tun haben, vermutlich - das müsste allerdings ein "hippologischer" Rezensent beurteilen.